Streicherklassenunterricht
Diese Unterrichtsform basiert auf der Erkenntnis, dass alle Streichinstrumente gemäß ihrer gleichen Bauart auch mit prinzipiell gleichen Bewegungen gespielt werden.
Alle streicherspezifischen Bewegungen werden dabei aus Alltagsbewegungen abgeleitet und durch allmähliches Verfeinern entwickelt, z.B. von großen zu kleinen Bewegungen fortschreitend. Dies ist auch nach neuesten physiologischen und lernpsychologischen Erkenntnissen eine besonders erfolgversprechende Vorgehensweise.
Streicherklassenunterricht wird in Deutschland im Team erteilt. Dabei unterrichten ein/e LehrerIn für tiefe Streicher (Cello, Bass) und ein/e LehrerIn für hohe Streicher (Geige, Bratsche) abwechselnd in der Rolle der/s Instruierenden und die gesamte Gruppe anleitenden und der Rolle der/s Assistierenden, der/die nonverbale Hilfestellungen für das einzelne Kind in der Gruppe gibt. Um Wiederholungen und vertiefendes Lernen zu gewährleisten hat sich ein Standard von 2 Unterrichtsstunden pro Woche etabliert.
Sowohl die Gruppengröße als auch das Unterrichten im Team verlangen die detaillierte Vorbereitung jeder einzelnen Stunde.
Kinder können in der Streicherklasse von Beginn an musikalische Erlebnisse haben und als MusikerInnen agieren. Das wichtigste Grundprinzip dieses Unterrichtes lautet: Teach Music Through Music. Dementsprechend wird jede neue Übung, jeder Schritt in Richtung auf eine neue instrumentale Technik als Musik präsentiert und als Orchesterklang erfahren. Zugleich hat diese Unterrichtsform den Anspruch, jede Instrumentengruppe in gleicher Weise und gleichem Umfang zu fordern und zu fördern. Dies erfordert kleinschrittiges Vorgehen.
Nach zwei Jahren Unterricht in der gemischten Streicherklasse haben die SuS im Allgemeinen sehr gute Grundlagen in allen wichtigen Techniken des Streichinstrumentenspiels wie: Spiel in allen Griffarten, Anlage von Vibrato und Lagenwechseltechnik, Bogenstriche mit verschiedenen Artikulationen, auch Spiccato.
Die Streicherklasse bietet auf natürliche Weise Anlass, rhythmisches Empfinden und Spiel, musikalische Kommunikation und vertikales Hören auszubilden. Ihre Tonvorstellung schulen sie mit Relativer Solmisation.
Die Fortsetzung des Instrumentalunterrichts - sei es im Einzelunterricht oder in Kleingruppen - ist auf diese Weise für alle SchülerInnen problemlos möglich und wurde beispielsweise in der Heinrich-Böll-Gesamtschule Bochum in den vergangenen Jahren von 60 - 80 % der SchülerInnen gewünscht (vergleichbare Fortsetzerquoten nach zwei Jahren Unterricht in Musikschulen liegen deutlich darunter).
Streicherklassenunterricht versteht sich – vor allem dort wo er in Kooperation von Schule und Musikschule erteilt wird - als eine unter vielen möglichen Ausprägungen des Instrumentalunterrichts. Viele Beispiele von Musikklassen in Gymnasien zeigen andererseits eindrucksvoll, wie diese Unterrichtsform auch Inhalte des allgemein bildenden Musikunterricht mit abdecken kann.
Woher kommt SKU?
In den 70er Jahren entwickelte der bekannte Violinpädagoge Paul Rolland im Auftrag der amerikanischen Bundesregierung an der University of Illinois ein neues Curriculum für einen motivierenden Streicheranfangsunterricht in großen Gruppen und gemischten Klassen.
Rollands Konzept ist in Deutschland vor allem durch die Fortbildungen seines früheren Assistenten, Prof. Donald L. Miller bekannt geworden. In den Jahren 1980 - 1995 war er Dozent bei verschiedenen Landesverbänden des VdM, der ESTA (England, Deutschland, Österreich) und einzelnen Musikschulen in der Bundesrepublik Deutschland
1991 begann eine Gruppe engagierter Streicherpädagogen und Schulmusiker ihre Ausbildung bei Prof. Miller und richtete 1992 an fünf Projektschulen Streicherklassen ein. Durch die intensive Fortbildungsarbeit der vergangenen Jahre ist die Zahl von Schulen, die diese Unterrichtsform anbieten in Deutschland auf mehrere hundert gestiegen. Auch in der Schweiz gibt es Schulen mit Streicherklassenunterricht.
Präsentationen und Kongresse
Die Arbeit mit Streicherklassen war Thema vieler Fachtagungen. Streicherklassen traten auf z.B. beim
- Bundeskongress des VdM 1995 Hamburg
- Bundeskongress des VdS 2004 Hannover
- Bundeskongress des VdM 2009 Berlin
- Bundeskongress des VdS 2010 Berlin
- Bundeskongress des AfM/VdS 2011 Lübeck
Fortbildung und Erfahrungsaustausch, auch Erstinformation für interessierte KollegInnen boten bisher 6 internationale Kongresse zum Streicherklassenunterricht in Deutschland:
- SKU-Kongress 2004 - Musikschule Düsseldorf
mit Christoph Micko (Prof. für Psychologie, TU Braunschweig) - SKU-Kongress 2008 - Landesmusikakademie Berlin
mit Sheila M. Nelson (Musikpädagogin, London) - SKU-Kongress 2010 - Bundesakademie Trossingen
mit Peter Rolland (Violinpädagoge, Folkmusiker, USA) - SKU-Kongress 2012 - Landesmusikakademie Heek
mit Philippa Bunting (Senior Lecturer in Music Education, RNC Manchester, Director First String Experience, RAM, London) - SKU-Kongress 20. - 22. Februar 2015 - Landesmusikakademie Heek mit Prof. Dr. Kathleen Horvath, KB-, Streicherklassen- und Musikpädagogin, Cleveland USA
- SKU-Kongress 27. - 29. April 2018 - Landesmusikakademie Heek mit Susanne Paul, groovecello.
- SKU-Kongress 3.- 4. Juni 2023 - Landesmusikakademie Heek
mit Philippa Bunting (Senior Lecturer in Music Education, RNC Manchester, Director First String Experience, RAM, London)
https://lma-nrw.de/termindaten/1031/streicherklassen-kongress-essentials-of-musicianship-vom-kuenstlerischen-umgang-mit-streicherklassen-und-anfangs-ensembles/
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Hier finden Sie interessante weiterführende Angebote im Internet zum Thema SKU:
Leitfaden Streicherklasse - Informationen des Helbling-Verlags zum Unterrichtswerk von U. Adler und M. Müller Schmied
streichersindklasse.de - Homepage - Website zum Unterrichtswerk für den Streicherklassenunterricht "Streicher sind klasse"